Am Sonntag steht die Stichwahl für den Posten des Oberbürgermeisters an – für den seit 10 Jahren amtierenden Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU eine neue Erfahrung, war die letzte Wahl 2020 doch relativ eindeutig. Julia Klewin, in den letzten 5 Jahren im Rat für die SPD dabei tritt als Herausforderin an.
Wir haben uns die Mühe gemacht und die Wahlprogramme unter dem Aspekt von Klimaschutz, -anpassung im städtebaulichen Kontext und Nachhaltigkeit beleuchtet.
Thomas Kufen hat die letzten 10 Jahre von Essen bereits als Oberbürgermeister mit gestaltet. Unsere ersten Gespräche zum Klimaschutz oder auch ein Antrag zum Klimanotstand 2019 noch mit schwarz-roter Koalition haben großen Widerstand gezeigt, inwiefern Klimaschutz in Essen ein Thema sein soll. Lediglich der Radentscheid war – zumindest damals noch – auch die eigene Agenda. Wir erinnern uns: 2019 und auch 2020 waren die Fridays for Future-Bewegung, der KlimaentscheidEssen, der RadentscheidEssen und auch wir von Gemeinsam für Stadtwandel Essen im politischen Konkurs involviert. Gerade das konsequente Engagement aus der Zivilgesellschaft hat Wirkung gezeigt, so dass die letzten Jahre „unsere“ Themen im Rat verhandelt wurden und die Verwaltung aufgefordert wurde, diverse Konzepte und Pläne zu erstellen. So kann die Stadt Essen nun einen Klimaschutzplan (SECAP), ein integriertes Klimafolgenanpassungskonzept sowie eine Nachhaltigkeitsstrategie vorweisen und arbeitet derzeit an einem Abfallvermeidungskonzept und sowohl an einem Metaplan für das Stadtgrün als auch für die Mobilität. Förderprogramme z.B. zu Solarenergie wurden aufgestellt und so gut angenommen, dass die Stadt Essen nun einen deutlichen Anstieg an Solarenergie zu verzeichnen haben. Bei einer Solarchallenge wären wir jedenfalls nicht unangenehm aufgefallen. Beim Stadtgrün wurde an der Qualität in einzelnen Stadtteilen gearbeitet und die Überprüfung professionalisiert, ein 1000-Bäume-Programm aufgestellt.
Aber Pläne und Konzepte sind eben Pläne und Konzepte. Entsiegelung, keine Neuversiegelung, kein weiterer Verlust an Stadtbäumen, eine echte Verkehrswende, weniger Abfälle??
Der neue oder die neue Oberbürgermeister:in startet zumindest mit fertigen Arbeitsgrundlagen, aber weiterhin schmalem Haushalt – auch wenn ein kleiner Schuldenschnitt in Aussicht steht.
Es bleibt an dieser Stelle die Frage: wer ist bereit, weitere Förderprogramme für Solar, Lastenräder und Begrünung aufzustellen und alle diese genannten Pläne und Konzepte aktiv in den nächsten Jahren umzusetzen und so den Modalsplit, den Radentscheid, Stadtumbau mit mehr grüner und blauer Infrastruktur, sicheren Schulwegen, freien Bürgersteigen, mehr Aufenthaltsqualität, ausreichend Trinkwasserbrunnen und Toiletten, mehr Sanierung als Neubau und Flächenversiegelung usw. wirklich sichtbar und erlebbar zu machen? Ja, dazu gehört auch eine echte Fahrradsstraße „Rüttenscheider Straße“. (Wir erinnern uns: da steckt ein Vergleich mit der DUH dahinter….)
Was findet sich in den Wahlprogrammen der OB-Kandidaten nun konkret zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit wieder?
Den Klimawahl-Check hat Thomas Kufen (und auch die CDU) nicht mitgemacht.
Julia Klewin vertritt Klimaneutralität bis spätestens 2040 und möchte Klimaschutz und -anpassung dauerhaft als kommunale Pflichtaufgabe verankern und stimmt der Generationengerechtigkeit beim Klimaschutz sowie der klimaangepassten Stadtentwicklung inkl. einer Verkehrswende hin zu mehr alternativer Fortbewegung allerdings mit mehr Flexibilität in den einzelnen Stadtteilen ohne starre Prozentzahlen zu. Das soll auch finanziell gefördert werden und schließt die Umsetzung des Radentscheids ein. Bei Förderung von Car-Sharing oder der Solardachpflicht bei Parkplätzen will sie sich aber nicht festlegen. Bei der Umstellung auf Bioprodukte bei der Kita- und Schulverpflegung auch nicht. Die bestehenden Pläne für eine klimagerechte Metropole will sie umsetzen, aber mit Schwerpunkt auf die strukturschwachen Bereichen bzw. den dicht besiedelten Stadtteilen – aber auch hier entzieht sie sich einem Zeitdruck.
Beim Kommunalwahl-Navi fällt auf …
- … dass die CDU eher nicht für Bürgerräte ist, die SPD eher ja.
- Die CDU will verstärkt private Investoren zur Finanzierung öffentlicher Projekte einbinden, die SPD eher nicht.
- Das Bußgeld für Vermüllung anzuheben, steht die CDU neutral gegenüber, die SDP will dieses auf jeden Fall stark erhöhen.
- Fassaden- und Dachbegrünung für Neubauten will die CDU nicht, die SPD eher verpflichtend machen.
- Klimaneutralität will die SPD eher so schnell wie möglich erreichen, die CDU hat dazu keine Meinung.
- Der CDU sind beim Klimaschutz die wirtschaftlichen Erwägungen am wichtigsten, die SPD will sich da nicht festlegen.
- Windkraftanlagen will die SPD nicht, die CDU legt sich nicht fest.
- Interessant ist: der Ausbau von Radwegen soll laut CDU auf keinen Fall zulasten des Autoverkehrs gehen, die SPD legt sich nicht fest.
- Auch autofreie Zonen soll es mit der CDU nicht geben, die SPD legt sich auch hier nicht fest.
- Beide legen sich nicht bei den öffentlichen Fördergeldern für den Flughafen oder dem Ausbau von Tempo 30 Zonen fest.
- Beide wollen den A40-Deckel vorantreiben.
- Auch interessant: die SPD will die Umsetzung des Radentscheids auf keinen Fall beenden, die CDU antwortet neutral. Trotz eigenem Beschluss??
Wahlprogramme haben beide für ihre Personen aufgestellt.
- Thomas Kufens Positionen finden sich hier: https://kufen2025.de/.
- Die von Julia Klewin hier: https://www.julia-klewin.de/stichwahl/
Was auffällt ist, dass bei Kufen lediglich die Verkehrswende – ohne Ausspielung der einzelnen Verkehrsträger – weiter umgesetzt werden soll, aber ansonsten nichts zum Klimaschutz in seinen Hauptzielen zu finden ist. Der Umbau der Stadt fällt bei ihm unter „Think big“, was aber nicht im Zusammenhang mit klimaangepasstem zukunftsgerechtem Umbau zu sehen ist.
Bei Klewin ist zum Umbau der Stadt mehr konkretes für die Menschen zu lesen, so soll der Wohnraum bezahlbar und lebenswerte Viertel durch mehr Grünflächen und energieeffiziente Häuser entstehen. Auch die Wirtschaft soll mit ihr klimafreundlich werden und Investitionen in Zukunftstechnologien mit Fokus auf Nachhaltigkeit stehen.
Nun habt ihr die Wahl! Wie bei jeder Wahl gilt: kneifen gilt nicht, jede Stimme zählt und entscheidet mit für die nächsten fünf Jahre.
Foto: © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska







